Freitag, 13. Januar 2012

Online-Game als soziales Netzwerk!?

Die Möglichkeit, ein Spiel auch online mit oder gegen real existierende Mitspieler zu spielen, wird in der Gamesbranche immer mehr zum entscheidenden Erfolgskriterium. Nun soll beim Gaming auch der Community-Aspekt ausgebaut werden.

Wenn es um die Erfolgsaussichten einer aktuellen Computer- oder Videospielveröffentlichung geht, ist die Integration eines umfassenden Online-Mehrspielermodus heute ein absolutes Muss. Die Entwicklerstudios haben diesen Trend bereits erkannt und räumen entsprechenden Features in ihren Games-Produktionen einen immer höheren Stellenwert ein. Wohin die Reise in Zukunft gehen könnte, zeigt das aktuelle Beispiel des US-Publishers Activision, der mit "Call of Duty Elite" einen neuartigen Online-Service für seine Ego-Shooter-Serie vorgestellt hat, der die Mehrspieler-Erfahrung signifikant erweitern und eine neue Stufe der sozialen Vernetzung unter den Gamern einläuten soll.

"Der durchschnittliche 'Call of Duty'-Spieler verbringt täglich 58 Minuten im Multiplayer des Spiels", erklärt Activision-CEO Eric Hirshberg. Das sei mehr als andere User im Durschnitt täglich in Social Networks verbringen. "Im Moment gibt es aber nur wenige Möglichkeiten, diese soziale Community zu vereinen." Mit "Call of Duty Elite" könnten sich die Spieler ausgiebiger vernetzen als je zuvor. "Zum Beispiel erlaubt es das System, sich mit Freunden und Leuten mit ähnlichen Fähigkeiten, aus der gleichen Stadt oder mit gleichen Interessen zu vernetzen. Auch können Spieler kompetitiven Clans oder sozialen Gruppen beitreten oder selbsterstellte Inhalte hochladen, anschauen und kommentieren", so Hirshberg.

Spiele- vs. Social Communitys

Mit dem neuen Online-Dienst, der von seinem Ansatz her stark an soziale Communitys erinnert, greift Activision eine tiefergehende Umwälzung in der Gaming-Szene auf. "Das Bild des klassischen Spielers hat sich gewandelt. Die Hersteller haben es nicht mehr mit vorwiegend jungen Menschen zu tun, die alleine vor ihrem Bildschirm sitzen, sondern mit einem bunten Mix aus verschiedenen Altersgruppen, die sich neben dem Spielen auch mit anderen Usern austauschen und vernetzen wollen", stellt Branchenkenner Hans Solar gegenüber pressetext klar.

Vor diesem Hintergrund sei der Start von "Call of Duty Elite" sicherlich eine "logische Konsequenz" der Entwicklung. Die Games-Firmen wollen nach Meinung von Solar die Befriedigung der Online-Wünsche der Spieler nicht sozialen Plattformen überlassen und versuchen daher, ihre eigenen Communitys zu etablieren. "Es wird sicher spannend zu beobachten, für welche Seite sich die Nutzer entscheiden werden."

Machen Online Spiele abhängig?

Bericht aus der Märkischen Allgemeinen:
Soziale Netzwerke und Online-Spiele machen vor allem Jugendliche abhängig

BERLIN -
Mehr als eine halbe Million Menschen in Deutschland sind internetsüchtig. Das sind rund ein Prozent der Bevölkerung, sagt Mechthild Dyckmans (FDP), Drogenbeauftragte der Bundesregierung, gestern in Berlin. Damit liege die Online-Sucht auf dem Niveau der Cannabis-Abhängigkeit.

Am stärksten betroffen ist die Altersgruppe der 14- bis 24-Jährigen. Dort werden 2,4 Prozent als internetabhängig eingestuft. Sie verbringen mehr als vier Stunden am Tag im Internet. Weitere 13,6 Prozent, also etwa jeder Siebte, sind mehr als drei Stunden täglich online und damit suchtgefährdet. Das Problem betrifft vor allem junge Mädchen. Etwa jede sechste im Alter zwischen 14 und 16 Jahren gilt als gefährdet, fast fünf Prozent haben die Grenze zur Abhängigkeit bereits überschritten. Das größte Suchtpotenzial haben soziale Netzwerke wie Facebook, Jappy oder Schüler-VZ. Drei Viertel aller weiblichen und zwei Drittel aller männlichen Abhängigen unter 25 gaben an, dort einen großen Teil ihrer freien Zeit zu verbringen. Während Mädchen lieber chatten, tauchen Jungen in die virtuelle Realität von Online-Spielen wie World of Warcraft ab.

Von einer Sucht könne man sprechen, weil die Betroffenen ihr reales Leben fast völlig aufgäben, sagte Dyckmans. Sie vernachlässigen Arbeit, Schule, Freunde und am Ende oftmals sich selbst. „In manchen Fällen verwahrlosen die Leute körperlich“, sagt Mechthild Dyckmans. Wie bei Drogen- oder Alkoholabhängigen kommt es zu Entzugserscheinungen, Angstzuständen und Aggressionen.

Die Zahlen gehen auf eine Studie der Universität Lübeck im Auftrag des Bundesgesundheitsministeriums zurück. 15 000 Menschen im Alter von 14 bis 64 Jahren wurden zu ihren Online-Gewohnheiten befragt. Mechthild Dyckmans bezeichnet die Untersuchung als ersten wichtigen Schritt, um das noch relativ neue Problem Internetsucht zu erforschen.

Im kommenden Jahr will die Drogenbeauftragte das Thema zu einem Schwerpunkt ihrer Arbeit machen. Sie schlägt vor, die Altersfreigabe für suchtgefährdende Spiele heraufzusetzen und will sich für standardisierte Diagnose- und Behandlungsmöglichkeiten einsetzen. Am wichtigsten, so Dyckmans, sei jedoch ein Ausbau der Präventionsarbeit. „Eltern sind oft nicht ausreichend informiert und deswegen häufig überfordert.“ (Von Christian Zielke)